Wiki: Wenn das Geld nicht reicht

Wir bringen Licht ins Dickicht vieler wichtiger, aktueller gesetzlicher Regelungen für Bürgerinnen und Bürger.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Situation geraten Menschen zunehmend in existenzielle Not und erwarten zu Recht Unterstützung und Hilfe von staatlicher Seite.

Unsere Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt dazu:Wir tun alles, um die wirtschaftliche Existenz der Menschen in der Corona Krise zu sichern. Existenziell sind vor allem die eigene Wohnung und die Versorgung mit Strom, Wasser und Kommunikation.“[1]

Da laufende Verbindlichkeiten, eingegangen in guten Zeiten, in Zeiten von Kurzarbeit und kompletten Verdienstausfällen schnell zum finanziellen Desaster führen können, haben Bundesregierung und Bundesrat Ende März zahlreiche vorübergehende Entlastungen für die Menschen in unserem Land beschlossen.

Alle Maßnahmen zeigen deutlich eine sozialdemokratische Handschrift unserer Minister und Ministerinnen. Gerade in schweren Zeiten zeigt sich, die Bedeutung sozialdemokratischer Arbeit und Ziele: Teilhabe für alle, wenn auch aktuell für viele nur in bescheidenem Umfang. Existenzsicherung und Sicherung der Handlungsfähigkeit sind das Gebot der Stunde im Kampf gegen den Virus.

Wichtig: Alle getroffenen Regelungen bringen Betroffenen in Notlagen einen – befristeten – Zahlungsaufschub, so dass die Grundversorgung gesichert und die finanziellen Belastungen aktuell reduziert sind und damit die Existenz gesichert ist. Aber, die Zahlungen müssen zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden, die Forderungen sind nicht erlassen.

 

Wenn Sie nicht zahlen können, sollten Sie bitte unbedingt ihren Energieversorger, den Vermieter, die Bank, die Versicherung u.a. anschreiben und mitteilen, dass sie aktuell aufgrund der Corona-Pandemie nicht in der Lage sind, Ihren Verpflichtungen nachzukommen. Sie sollten belegen und im Streitfall glaubhaft machen können, dass die Geldknappheit Auswirkung der Corona-Pandemie ist, und sie deshalb z.B. die Miete nicht bezahlen können, ohne ihre Existenz zu gefährden.

 

Miete

Wer die Miete aufgrund der Folgen der Corona Pandemie nicht mehr zahlen kann, muss aktuell bis Juni 2020 keine Kündigung fürchten. Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 müssen incl. der Verzugszinsen bis zum 30. Juni 2022 bezahlt werden, sonst kann der Vermieter wieder kündigen.

Bei der richtigen Formulierung bei Mietzahlungsproblemen hilft ein Musterbrief der Verbraucherzentrale NRW, den es hier zum Download gibt.

 

Strom, Wasser, Gas, Telefon und Internet

Kürzer ist die Zahlungsfrist für Sie, wenn Sie die Strom-, Wasser- oder Gasrechnung aufgrund der aktuellen Situation nicht bezahlen können. Für alle Verträge, die vor dem 08. März 2020 geschlossen wurden gibt es die Möglichkeit, die Zahlungen vorübergehen bis zum 30. Juni 2020 zu unterbrechen. Der Gesetzgeber spricht hier von einem zeitlich befristeten Leistungsverweigerungsrecht. Gleiches gilt auch für die Telefon- und Internetrechnung. Die Rückstände müssen dann nach dem 30. Juni 2020 ausgeglichen werden, Verzugszinsen fallen nicht an.

Informieren Sie ihre Vertragspartner am besten schriftlich. Legen Sie dar, dass Sie durch die Corona-Krise nicht mehr ausreichende Mittel zur Verfügung haben, um den Lebensunterhalt zu sichern, wenn Sie Strom, Gas, Wasser, Internet oder Telefon bezahlen. Benutzen Sie den kostenlosen Musterbrief der Verbraucherzentrale NRW.

 

Pflichtversicherungen

Wenn Sie vor dem 8. März 2020 eine Pflichtversicherung wie z.B. die KFZ-Haftpflicht oder die Krankenvoll- und Pflegeversicherung abgeschlossen haben und diese nun nicht bezahlen können, erhalten sie ebenfalls einen mindestens dreimonatigen Zahlungsaufschub bis aktuell zum 30. Juni 2020. Teilen Sie auch hier dem Vertragspartner schriftlich mit, dass Sie aufgrund der Corona-Pandemie nicht in der Lage sind, die Beiträge zu bezahlen. Wer sicher gehen will, nutzt den Musterbrief der Verbraucherzentale NRW.

Bei nicht verpflichtenden Policen wie Lebens-, Hausrat- oder Berufsunfähigkeitsversicherung gilt das Gesetz nicht. Hier empfiehlt sich das Gespräch mit der jeweiligen Versicherungsgesellschaft. Vielleicht hilft es auch den Zahlungsrhythmus von z.B. monatlich auf viertel- oder halbjährlich zu verändern und so den Versicherungsschutz weiterhin sicher zu stellen.

 

Kredite

Wer vor dem 15.März 2020 einen Kredit für Anschaffungen oder Immobilien aufgenommen hat, kann ebenfalls einen dreimonatigen Zahlungsaufschub erhalten, vorausgesetzt, dass durch Corona bedingte Einnahmeausfälle ursächlich sind und die Zahlung der Raten den angemessenen Lebensunterhalt gefährden würde. Verzugszinsen dürfen nicht berechnet werden. Auch für dieses Schreiben gibt es einen Musterbrief bei der Verbraucherzentale NRW.

 

Staatliche Hilfen

Erkundigen Sie sich möglichst schnell nach staatlichen Hilfen, wenn sich Ihre berufliche Situation ändert und / oder Ihnen das Geld ausgeht, damit sich trotz der Zahlungsaufschübe kein Schuldenberg auftürmt. Erst mit dem Antrag kann überhaupt die Auszahlung beginnen. Dauert die Bewilligung etwas länger, gibt es meist rückwirkend Geld.

 

Wohngeld

Wenn aufgrund des Einkommensrückgangs das Geld nicht mehr für die Miete reicht, können Sie Wohngeld beim Amt für Soziales und Wohnen der Stadt beantragen.

 

Arbeitslosengeld I

Melden sie sich bitte umgehend bei der Agentur für Arbeit, falls ihr bisheriger Arbeitgeber Ihnen gekündigt hat.

 

Aufstockungsleistungen nach SGB II („Hartz IV“)

Selbstständige, die nun in Not geraten und Angestellte, die nun mit ihrem Einkommen unterhalb der Grundsicherung liegen, können Aufstockungsleistungen beim Jobcenter beantragen, auch wenn Sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.

Leistungen für Bewilligungszeiträume vom 1. März 2020 bis zunächst befristet zum 30. Juni 2020 (ggfs. Verlängerung bis zum 31. Dezember 2020) werden unter vereinfachten Maßgaben erbracht:

  • Es erfolgt keine Prüfung. Eventuell vorhandene Vermögenswerte werden bei der Bewilligung aktuell nicht berücksichtigt (für die Dauer von 6 Monaten).
  • Es werden die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen anerkannt (für die Dauer von 6 Monaten)
  • Es gibt Erleichterungen bei vorläufigen Entscheidungen.

Für Leistungen deren Bewilligungszeitraum in der Zeit vom 31.3.2020 bis vor dem 31.8.2020 enden, gibt es Erleichterungen bei der Weiterbewilligung.

Alle Informationen hat der DGB aktuell in einem Merkblatt zusammengefasst.

 

Kurzarbeitergeld

Müssen Sie in Kurzarbeit „gehen“, also weniger Stunden als bislang arbeiten, muss ihr Arbeitgeber für sie Kurzarbeitergeld beantragen. Wie das geht und was passiert, erklärt die Arbeitsagentur in einem Video.

Hinzuverdienst zum Kurzarbeitergeld:

Wenn Sie in der Zeit vom 1. April 2020 bis 31. Oktober 2020 während ihrer Kurzarbeit eine Beschäftigung in systemrelevanten Branchen aufnehmen, wird auf eine Anrechnung des Entgelts auf das Kurzarbeitergeld bis zur Soll-Entgelt Höhe der ursprünglichen Beschäftigung verzichtet.

 

Saisonarbeit

Für Saisonarbeiter, z.B. Erntehelfer, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben, werden die Zeitgrenzen auf eine Höchstdauer von fünf Monaten (115 Tage) in der Zeit vom 01.3.2020 bis einschließlich 31.10.2020 ausgeweitet.

 

Rentner: Weiterarbeit oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung nach Renteneintritt.

Sie beziehen eine vorgezogene Altersrente und wollen in der aktuellen Situation wieder arbeiten gehen? Für diesen Fall wird die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze zur Rente befristet bis zum 31. Dezember 2020 von 6.300 EUR auf 44.590 EUR angehoben. Einkünfte bis zu dieser Höhe bewirken keine Kürzung der Rente.[2]

 

Elterngeld

Damit die Corona-Pandemie nicht zu Nachteilen beim Elterngeldbezug führt, soll es vorübergehende Neuregelungen geben. „Damit stellen wir die wirtschaftliche Stabilität von Familien auch in der Zeit der Krise sicher“, so Familienministerin Franziska Giffey. „Eltern und werdende Eltern müssen sich nicht sorgen, dass sie Nachteile beim Elterngeld haben.“

Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey im Bundestag vorgestellt.[3]

 

Alle geplanten Anpassungen gibt es hier:

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/finanzielle-unterstuetzung/faq-elterngeld-anpassung

 

Kinderzuschlag (KiZ)

Unter bestimmten Voraussetzungen können Familien mit kleinen Einkommen anlässlich der Auswirkungen der Corona-Krise einen monatlichen Kinderzuschlag (KiZ) von bis zu 185 EUR erhalten.

Die Höhe des Kinderzuschlags variiert je nach Einkommen, der Anzahl der Kinder, den Wohnkosten und dem Alter der Kinder.

Alle Details gibt es hier:

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/finanzielle-unterstuetzung

https://www.arbeitsagentur.de/familie-und-kinder/kiz-lotse

 

Pfändungsschutz bei Kurzarbeit, Bonuszahlungen und für Soforthilfen und Bonuszahlungen (Stand vom 22.04.2020)

Sie sind verschuldet und haben ein sogenanntes P-Konto? Sofern sich die Einkommenssituation aufgrund der Corona-Pandemie verändert (Kurzarbeit / Bonuszahlungen etc.) sollten Sie schnellst möglichst den Rat der Schuldnerhilfe Essen gGmbH oder der Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale in Essen suchen um abzustimmen, ob hinsichtlich des P-Kontos Änderungen notwendig, bzw. sinnvoll sind. So können Sie verhindern, dass Ihnen ein finanzieller Schaden droht.

 

Quellen:

Agentur für Arbeit:
https://www.arbeitsagentur.de

Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV):
https://www.bmjv.de/DE/Themen/FokusThemen/Corona/Miete/Corona_Miete_node.html

BMJV: wirtschaftliche Existenz sichern:
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2020/032320_Corona_FH.html

Deutsche Rentenversicherung:
https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Allgemeine-Informationen/Wissenswertes-zur-Rente/FAQs/Rente/Hinzuverdienst_und_Einkommensanrechnung/Hinzuverdienst.html

DGB:
https://www.dgb.de
https://www.dgb.de/themen/++co++120b9c9e-7343-11ea-ad54-52540088cada

Fachberatung Schuldnerberatung NRW:
NRW-Infodienst Schuldnerberatung: Sonderinfo 31.03.2020

Stadt Essen:
https://www.essen.de/gesundheit/coronavirus.de.jsp

Verbraucherzentrale NRW:
www.verbraucherzentrale.nrw/corona

 

Verweise:

[1] https://www.bmjv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/040120_Miete.html

[2] https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Allgemeine-Informationen/Wissenswertes-zur-Rente/FAQs/Rente/Hinzuverdienst_und_Einkommensanrechnung/Hinzuverdienst.html

[3] https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/elterngeld-wird-kurzfristig-angepasst/154564