Vor 50 Jahren putschte das chilenische Militär unter Führung von General Augusto Pinochet mit Hilfe der CIA gegen die Regierung des frei gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende. Es war der Beginn einer der brutalsten Militärdiktaturen mit tausenden Toten und verschwundenen Personen.
Am 4. September 1970 gewann Salvador Allende die Präsidentschaftswahl in Chile. Er kandidierte für das Linksbündnis Unidad Popular (UP) und setzte sich knapp mit einer relativen Stimmenmehrheit von 36,6 Prozent gegen den konservativen Politiker Jorge Alessandri durch. Sieben Wochen später wurde die Wahl vom chilenischen Kongress bestätigt. Salvador Allende war damit der erste demokratisch gewählte sozialistische Staatspräsident der Welt. Am 3. November 1970 wurde er vereidigt.
Chile befand sich vor dem Amtsantritt Allendes bereits seit langer Zeit in einer politischen und gesellschaftlichen Krise. Besonders drängend war das Problem der Ungleichheit: Obwohl Chile reich an Bodenschätzen, wie beispielsweise Kupfer, ist, profitierten nur sehr wenige im Land von den Einnahmen. Arbeiterinnen und Arbeiter litten an Hunger, anderthalb Millionen Kinder waren unterernährt.
Viele Gewinne aus der Rohstoffförderung wurden zudem von ausländischen Unternehmen erwirtschaftet, die über entsprechende Konzessionen (Genehmigungen) verfügten. Auch die ungleiche Besitzverteilung von Agrarflächen führte zu Konflikten. Bereits Allendes Vorgänger, der Christdemokrat Eduardo Frei Montalva, hatte im Jahr 1967 eine Agrarreform auf den Weg gebracht, mit der die teilweise Enteignung von Großgrundbesitzenden möglich wurde. Diese zeigte in der Realität allerdings kaum Wirkung. Unter der Regierung Allende wurden hingegen schon innerhalb des ersten halben Jahres um die 750.000 Hektar enteignet.
Ende Juli 1973 rief die katholische Kirche die Parteien dazu auf, die Krise zu bewältigen. Allende traf sich ohne Erfolg mit den Christdemokraten zu einem Dialog. Am 22. August 1973 sprach das Parlament dem Präsidenten das Misstrauen aus und warf Allende Verfassungsbruch vor. Die damals verfasste Erklärung der rechtskonservativen Parlamentsmehrheit ist bis heute ein Politikum in Chile. Als das Dokument Ende August 2023 im chilenischen Parlament noch einmal verlesen wurde, kam es zu Tumulten – denn die Erklärung hatte dem seinerzeit neu ernannten chilenischen Heereschef Augusto Pinochet als Legitimation für seinen Militärputsch gedient.
Am 11. September 1973 bombardierte die chilenische Luftwaffe den Präsidentenpalast La Moneda. Allende wandte sich ein letztes Mal mit einer Rede an das Volk. Als die Armee den Palast stürmte, beging er in aussichtloser Lage Selbstmord. Dies bestätigte ein Obduktionsbericht, der nach der Exhumierung der Leiche im Jahr 2011 erstellt wurde.
Augusto Pinochet errichtete eine brutale Militärdiktatur, die 17 Jahre dank der Unterstützung zahlreicher konservativer Politiker dauerte (https://www.spiegel.de/politik/arbeiten-lernen-a-3601f560-0002-0001-0000-000040680412). Bereits am 8. Oktober 1973 verbot das Regime alle linken Parteien in Chile. Unter Pinochet wurde eine Geheimpolizei etabliert, die Dirección de Inteligencia Nacional (DINA), die im ganzen Land Folterlager errichtete. Politische Gegner Pinochets wurden verhaftet oder „verschwanden“ auf Nimmerwiedersehen. Über die Zahl der Opfer in den ersten Jahren der Diktatur gibt es nur Schätzungen. Die 1990 eingesetzte Rettig-Kommission zur Aufklärung der Verbrechen während der Militärdiktatur dokumentierte über 3.000 politische Morde. Die Zahl der Folteropfer dürfte um ein Vielfaches höher sein: Über 40.000 politische Häftlinge wurden verzeichnet. Alle Medien wurden während der Pinochet-Diktatur streng zensiert. Knapp eine Viertelmillion der Chileninnen und Chilenen mussten ins Ausland fliehen. Zahlreiche Opfer wurden in der Colonia Dignidad gefoltert. 1961 gründete der aus Deutschland geflohene Paul Schäfer südlich von Santiago de Chile die Siedlung. Auf dem Gelände errichtete er einen sektenartigen „landwirtschaftlichen Musterbetrieb“. Doch hinter dieser Fassade kam es zu schlimmsten Verbrechen an Kindern und abtrünnigen Sektenmitgliedern.
Das Ende der Diktatur von Pinochet leitete ein Referendum über eine weitere Amtszeit von ihm ein, dass er trotz massiven Drucks auf die Medien verlor. Noch heute sind die Folgen der Pinochet-Diktatur in Chile zu spüren. (https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/539809/11-september-1973-militaerputsch-in-chile/)