„Hände weg vom Ruhrgebiet!“ – Gedenken an die Ruhrbesetzung vor 100 Jahren durch französische Truppen

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Vor 100 Jahren besetzten französische und belgische Truppen wegen ausstehender Reparationszahlungen und Kohlelieferungen das Ruhrgebiet. Die Besatzungsmächte wollten jene Kohle-Lieferungen erzwingen, die ihnen laut Versailler Vertrag zwar zustanden, von deutscher Seite jedoch verweigert wurden. Die Gesamtsumme der Reparationlasten beliefen sich auf 132 Milliarden Goldmark. Diese ubglaubliche Summe war zu einem erheblichen Teil in Sachleistungen wie Kohle umgewandelt worden. Die Reichsregierung in Berlin rief als Reaktion auf die Ruhrbesetzung für das Revier den „passiven Widerstand“ aus, de facto einen Generalstreik, den vom Bergmann bis zum Oberbürgermeister alle befolgen sollten. Darüber hinaus stellte die deutsche Regierung die Zahlung der Reparationen ein.

Die Reichsregierung zahlte allen, die sich im passiven Widerstand am Streik beteiligten, ihre Gehälter weiter. Aus der Inflation, die ohnehin schon herrschte, wurde binnen weniger Monate eine Hyper-Inflation, an deren Ende im November 1923 für einen US-Dollar 4,2 Billionen Mark gezahlt wurden. Diese Inflation wurde erst mit der Einführung der Rentenmark im November 1923 beendet. Lohnabhängige, deren Lohn oder Gehalt oft schon am Ende der Woche nur noch die Hälfte wert war wie zu Beginn, wurden deutlich härter getroffen als die Eigentümer von Immobilien, Wertgegenständen, Firmenanteilen oder Industrieanlagen. Die Hyperinflation ließ weite Teile der Bevölkerung stark verarmen, die Arbeitslosigkeit erreichte bis dahin unbekannte Ausmaße. Deshalb kam es wegen der materiellen Not an vielen Orten zu sozialen Unruhen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedrohten.

Die Maßnahmen der Besatzer gegen den passiven Widerstand ließen nicht lange auf sich warten: Ausgangssperren, Verhaftungen und Ausweisungen in das unbesetzte Gebiet. Blutige Zusammenstöße zwischen Soldaten und der Bevölkerung waren an der Tagesordnung. Der Höhepunkt der Gewaltspirale geschah am Karsamstag, dem 31.03.1923, als Krupp-Arbeiter an der Automobilhalle sich gegen die Beschlagnahmung von dort produzierten Lastwagen durch ein ein französisches Kommando auflehnten. Als die Franzosen sich einer großen Menge Arbeitern gegenübersahen, gerieten sie in Panik und schossen sich einen Weg frei.

Das Ruhrmuseum hat zu diesem tief bewegenden Ereignis der Weimarer Republik eine interessante Ausstellung zusammen gestellt, die am 12.01.2023 eröffnet wurde. Die Ausstellung wird bis zum 27.08.2023 dauern. Nähere Informationen unter: https://ruhrmuseum.de/ausstellungen/aktuell/haende-weg-vom-ruhrgebiet-die-ruhrbesetzung-1923-1925