DEUTSCHE UNTERSTÜTZUNG FÜR DIE UKRAINE

In Deutschland wird über das Für und Wider der Lieferung „schwerer Waffen“ (also von Panzern, Artillerie, Hubschraubern, Flugzeugen und Schiffen) intensiv diskutiert. Das ist gut und richtig, denn bis vor wenigen Monaten war es Konsens, dass überhaupt keine Waffen in Kriegsgebiete geliefert werden sollten. Viele Bürgerinnen und Bürger wollen die Ukraine unterstützen, sind aber in Sorge, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen wird. Die Genehmigung der Lieferung von Gepard-Flugabwehrsystemen stellt keinen Bruch der bisherigen Linie unserer Bundesregierung dar, sondern folgt den Grundsätzen, nach denen wir alle bisherigen Waffenlieferungen behandelt haben.
Bei Waffenlieferungen an die Ukraine halten wir uns an drei klare Leitlinien:

• Enge Abstimmung mit unseren Bündnispartnern,
• keine Einschränkung der deutschen Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit und
• keine Kriegsbeteiligung.

Enge Abstimmung: Die Bundesregierung trifft ihre Entscheidungen über die Unterstützung der Ukraine mit Waffen in enger Abstimmung mit den Bündnispartnern in der Europäischen Union und der NATO. Dazu finden ständig Gespräche und Abstimmungen auf allen Ebenen statt. Das betrifft auch die Frage, welche Waffenarten geliefert werden sollen. Wir wollen keine deutschen Alleingänge. Und wir treffen die nötigen Abwägungsentscheidungen gemeinsam mit den Partnern und handeln mit ihnen abgestimmt.

Verteidigungsfähigkeit erhalten: Die Verbündeten sind sich darüber einig, dass die Fähigkeit zur Verteidigung des NATO-Bündnisgebietes zu jedem Zeitpunkt sichergestellt sein muss. Daraus resultieren schwierige Abwägungsfragen bei der Entscheidung darüber, welche Waffen in die Ukraine geliefert werden können.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat erläutert, dass es zu seinem Amtseid gehört, die Fähigkeit der Bundeswehr zur Bündnis- und Landesverteidigung nicht zu schwächen. Daher sollen keine Waffen aus den Beständen der Bundeswehr geliefert werden, die ihre Fähigkeit einschränken, Deutschland oder das Gebiet unserer Verbündeten in der NATO gegen einen russischen Angriff zu verteidigen. Wir können nicht einfach darauf vertrauen, dass schon nichts passieren wird. Sondern wir müssen so aufgestellt sein, dass unsere Botschaft an den russischen Präsidenten Putin plausibel ist. Wenn wir sagen, wir werden jeden Quadratmeter des Bündnisgebietes verteidigen, müssen wir das auch zu jeder Zeit sicherstellen können. Die Bedrohung des Nato-Gebiets durch Russland besteht fort. Auch deswegen haben etwa die baltischen Partner um eine verstärkte Bundeswehrpräsenz gebeten. Und die Bundeswehr ist in der Slowakei und Litauen mit Verbänden stark engagiert. Auch darum haben wir das Sondervermögen Bundeswehr von 100 Milliarden Euro initiiert. Wir liefern der Ukraine aus den bestehenden Beständen der Bundeswehr das, was die Bundeswehr zum derzeitigen Zeitpunkt guten Gewissens entbehren kann. Gemeinsam mit den Verbündeten wird immer wieder überprüft, ob eine andere Abwägungsentscheidung zwischen Sicherstellung der Fähigkeit zur Bündnisverteidigung und Unterstützung der Ukraine möglich ist.

DEUTSCHE UNTERSTÜTZUNG FÜR DIE UKRAINE

In diesem Zusammenhang gehört auch die Debatte um die Schützenpanzer „Marder“. Die funktionstüchtigen Marder-Schützenpanzer der Bundeswehr befinden sich im Einsatz. Sie sind Teil der Mission „enhanced Forward Presence“ (eFP) in Litauen und dienen konkret der Bündnisverteidigung an der NATO-Ostflanke. Die in Deutschland verbleibenden Marder dienen den Soldatinnen und Soldaten, die sich auf ihren Einsatz bei der kommenden eFP vorbereiten, für Trainingszwecke. Hinzu kommt, dass die Marder eine umfangreiche technische und logistische Unterstützung benötigen. Die Instandhaltung von Kettenfahrzeugen ist technisch herausfordernd. Es werden Spezialwerkzeuge und Ersatzteile benötigt. Diese Ersatzteile sind derzeit auch bei der Bundeswehr Mangelware, so dass vorhandene Marder ausgeschlachtet werden und als Ersatzteillieferanten herhalten müssen. Die bereits ausgemusterten Marder, die von der Rüstungsindustrie angeboten wurden, haben wir (nach einer Instandsetzung, die mehrere Wochen bis Monate dauern wird) Bündnispartnern in Osteuropa zugesichert. Diese liefern im Gegenzug der Ukraine sofort einsatzbereite Panzer sowjetischer Bauart, an denen die ukrainischen Soldaten ausgebildet sind.

Keine Kriegsbeteiligung Deutschlands oder der NATO: Alle Bündnispartner sind sich in dem Ziel einig, dass ein Übergreifen des Krieges auf andere Staaten und damit ein Flächenbrand verhindert werden muss. Und alle Partner sind sich deswegen auch einig, dass die NATO nicht zur Kriegspartei werden darf. Sie tun alles dafür, eine direkte militärische Konfrontation zwischen der NATO und der hochgerüsteten militärischen Supermacht Russland mit seinen Atomwaffen zu vermeiden. Es soll jede Eskalation verhindert werden, die zu einem Dritten Weltkrieg führt. Aus diesem Grund ist die NATO etwa dem Wunsch der Ukraine nach Einrichtung einer Flugverbotszone nicht nachgekommen. Denn diese hätte einen direkten Eingriff von NATO-Flugabwehr und Kampfflugzeugen in den Krieg bedeutet.

Ab welchem Punkt Russland die NATO oder einzelne NATO-Partner wie Deutschland als Kriegspartei wahrnimmt, lässt sich keinem Lehrbuch entnehmen. Putin steht gewaltig unter Druck, Russland steckt in dramatischen Schwierigkeiten, die Sanktionen richten gewaltige Schäden in Russlands Wirtschaft an und die Kette militärischer Niederlagen kann auch die russische Regierungspropaganda nicht mehr schönreden. Daher werden alle Schritte genau überlegt und eng mit den Partnern abgestimmt.

WAS TUT DEUTSCHLAND AKTUELL?
• Was kurzfristig aus dem Bestand der Bundeswehr lieferbar war, haben wir im Wesentlichen schon geliefert. Die Bundesregierung handelt überlegt und entschlossen.
• Ringtausch: Deutschland ermöglicht es in Abstimmung mit osteuropäischen NATO-Partnern, dass von ihnen schwere Waffen sowjetischer oder russischer Bauart an die Ukraine geliefert werden, die sofort eingesetzt werden können. Gleichzeitig haben wir unseren Partnern zugesagt, diese Waffen sukzessive durch westliche Waffensysteme zu ersetzen. Durch unsere Zusicherung ermöglichen wir die Lieferungen durch die NATO-Partner.
• Kontinuierlich prüfen wir, in enger Abstimmung mit der deutschen Industrie, welche Lieferungen aus deren Bestand möglich ist. Die Ukraine lässt sich direkt von deutschen Rüstungsfirmen beliefern. Deutschland zahlt – und zwar schnell. Dafür steht mehr als eine Milliarde Euro an Rüstungshilfe zur Verfügung. Die Genehmigung für die Lieferung von Gepard-Flugabwehrsystemen ist ein Beispiel für die bisherige klare Linie der Bundesregierung. Wir liefern, was machbar und einsetzbar ist. Wir handeln abgestimmt.
• Solche Waffen-Exporte, wie unsere Verbündeten sie tätigen, werden wie auch schon in den vergangenen Wochen zügig genehmigen.
• Wir stimmen alle Schritte mit unseren europäischen und transatlantischen Partnern ab und handeln gemeinsam. Als Beispiel: Wir unterstützen die Lieferung von Haubitzen durch die Niederlande mit der Lieferung von Artilleriemunition, die bei unseren Partnern nur begrenzt vorhanden ist – und durch Ausbildung der ukrainischen Soldatinnen und Soldaten an diesen Systemen.
• Olaf Scholz hat gesagt, dass wir jeden Quadratmeter des NATO-Bündnisgebiets verteidigen werden. Die Verteidigungsfähigkeit des Landes und des Bündnisgebiets muss gewährleistet bleiben. Aus diesem Grund können wir keine Waffen liefern, die aktuell von der Bundeswehr im Rahmen der NATO-Aufgaben im Einsatz oder für den Ringtausch vorgesehen sind.